gemeinschaftlich gärtnern bei meine ernte in dortmund foto: isabelle reiff

Urban Gardening – auf der Brachfläche oder zuhause

Gärtnern inmitten von Großstadtmauern – noch vor zehn Jahren hätte man diese Idee für verrückt gehalten. Und heute? Gerade die jüngere Generation ist zum Vorreiter geworden, wenn es darum geht, städtische Brachflächen erfinderisch zu begrünen und dies vor allem mit essbaren Pflanzen und in gemeinschaftlicher Arbeit.

Selber zu säen, zu pflanzen und vor allem zu ernten sprengt als attraktives neues Hobby die angestammten Gruppen von Schrebergärtenbesitzern und Lohas und erobert dank selbst gebastelter oder neuartiger Utensilien auch die Herzen derer, die weder über eigenen Garten noch Balkon verfügen. Kein Wunder: Selbst zu gärtnern macht nicht nur Spaß, sondern beschert auch ganz neue Geschmackserlebnisse. Wer je einen eben gepflückten Salat gekaut hat, weiß genau, wovon hier die Rede ist.

Auch wer weder Garten noch Balkon sein eigen nennt und auch keine geeignete Brachfläche in der Nähe hat, kann sich an die Selbstversorgung wagen. Besonders einfach macht das nämlich eine Vorrichtung aus physiologisch unbedenklichem Polypropylen, in welcher man auf einfache Weise ein vertikales Salatbeet, Erdbeerbeet oder was auch immer pflanzen kann. Die in verschiedenen Farben erhältlichen Pflanztröge lassen Kräuter und Salat übereinander wachsen. Wegen des modular aufgebauten Stecksystems ist das Ganze vertikal und horizontal unendlich erweiterbar. Der Minigarten eignet sich für den Balkon oder die Terrasse genauso gut wie für Küche oder Esszimmer.

Dass der Trend gerade in puncto Salat und Gemüse in Richtung Selbstversorgung geht, davon zeugt auch die wachsende Zahl der Buch- und Zeitschriftentitel. In ihrem wunderschön bebilderten Schmöker "Urban Gardening" erklärt Anja Klein zum Beispiel, wie man ein Wurmcafé baut. (Kaufen kann man es auch: hier.) Dieser geruchslose Komposter, den man auch im Keller oder in der Garage stehen haben kann, produziert den besten Dünger für das hausgemachtes Grün – und das aus den eigenen Küchenabfällen. Zum Einsatz kommen hierbei Würmer der Art "Eisenia foetida" und "Eisenia andrei". Sie bereiten einem bei fachgerechter Pflege den "Wurmtee" zu, der 1:5 verdünnt einen wirkungsvollen Wachstumsverstärker abgibt.

Ganz ohne Erde kommt ein neues Anbausystem in Berlin aus. Nicolas Leschke und Christian Echternacht verbinden dabei Gemüseanbau mit Fischzucht. Aquaponic nennen sie ihr Doppelsystem, bei dem die Ammonium enthaltenen Ausscheidungen von Karpfen durch einen Filter in Nitrat umgewandelt und direkt ins auf das Aquarium gebaute Gewächshaus gespült werden. Die Pflanzen kommen dadurch ohne Humus und mit sehr viel weniger Wasser aus als in der herkömmlichen Produktion. Das geschlossene System versorgt sich nahezu selbst, braucht weder fossile Düngemittel noch Pestizide. Und die Fische leben, anders als sonst oft in der Zucht, ohne Antibiotika. Auch in Dortmund ist das Verfahren im Einsatz.

Lust auf Urban Gardening bekommen? Vom 22.-24.8. findet in Nürnberg dazu ein Sommercamp statt. Stadtacker ist eine Plattform, auf der sich bundesweit Initiativen und Projekte austauschen. Bei "Meine Ernte" kann man vorgesäte Gemüsegärten mieten.

Buch-Tipp

urban gardening – Gärtnerglück für Großstadtpflanzen:

Auch auf Balkon und Dachterrasse lassen sich Obst und Gemüse anbauen. Dieser bildreiche Ratgeber für Stadtgärtner von Anja Klein enthält viele tolle Beispiele und Tipps vom Hochbeet bis zum Gewächshausbau aus alten Fenstern. Die wundervollen Fotos von Andreas Lauermann zeigen ganz unterschiedliche Urban Gardening Projekte in Deutschland, der Schweiz, London und Barcelona. Das Buch inspiriert zum sofortigen Loslegen und vermittelt die Begeisterung des unkonventionellen Anbauens und Erntens.

(Gebundene Ausgabe, erschienen 2013 im Christian Verlag, München, ISBN 978-3862442171)

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Kommentare (2)

Sarah

Zu dem Thema fällt mir in Berlin das Tempelhofer Feld ein, dort gibt es auch einen sehr kreativen Großstadtgarten. 

 

 

Quelle 

http://zeitgartenwerdau.files.wordpress.com/2012/07/409692_368562826545784_561527545_n.jpg

 

Antwort von Tim Sieber

Tolles Bild, liebe Sarah :-)

Der kleine Horrorgarten

Danke für die nette Buchbesprechung. Auf dem kleinen Horrorgarten-Blog (http://der-kleine-horror-garten.de/) gibt es noch mehr Gartengeschichten von mir. Und das Tempelhofer Feld haben wir natürlich auch besucht :)

Liebe Grüße
Anja
(die Gärtnerin aus dem kleinen Horrorgarten)

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