Insekten sind pure Proteinlieferanten, fettfrei und ohne Kohlehydrate. Die meisten Menschen scheinen keine Scheu davor zu haben, sie genüsslich zu verkosten. Ernährungsforscher sähen damit viele Probleme gelöst.
Neulich bei der Extraschicht am Dortmunder U: Aromatischer Grillgeruch und Riesenandrang am Stand von Frank Ochmann in einem Seitengang, geschützt vor dem Regen. Ich sehe Dutzende voller Vorfreude mit einer kleinen Papierschale voll bräunlich glänzendem Fingerfood davongehen. Neugierig dränge ich mich durch die Schlangen, um zu erfahren, was hier Leckeres kredenzt wird. Als ich einen Blick darauf erhasche, bin ich echt schockiert. Es sind gebratene Insekten.
„Sind Sie nicht überrascht, dass sich die Leute hier stapeln?!“, rufe ich Frank Ochmann erstaunt zu, der alle Hände voll zu tun hat.
„Ich würde mich wundern, wenn’s anders wär!“, entgegnet dieser selbstbewusst.
Anscheinend habe ich einen neuen Trend verschlafen. Frank Ochmann ist ein richtig bekannter Insektenkoch. Seit mehr als 13 Jahren beschäftigt er sich mit ihrer Zubereitung und hat einen eigenen Züchter, der Tafelinsekten für ihn züchtet.
Wüstenheuschrecken gelten als Einsteigermodell, weil sie nicht so prägnat im Geschmack sind. Beine und Flügel werden vor dem Braten entfernt, der Geschmack soll an knuspriges Hähnchen und Nuss erinnern. Mittelmeergrillen gehen auch von der Textur her Richtung Krustenbraten. Schwarzkäferlarven sind, so Ochmann im Interview auf Youtube, „etwas käsig im Nachgang“. Mehlwürmer hält er für den „idealen Snack am Abend“.
Nicht zuletzt deshalb ideal, weil Insekten keine Kohlehydrate und kein Fett enthalten, stattdessen nur aus Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen und ganz besonders aus Eiweiß bestehen. Larven haben gegenüber ausgewachsenen Insekten den höheren Proteingehalt. „Das sind Zwerge, die Power haben“, bringt es Frank Ochmann auf den Punkt.
Seidenspinnerraupen besitzen den höchsten Eiweißgehalt. Sie sind aber in Asien ansässig und können in unseren Breitengraden nicht gezüchtet werden. Im Gegensatz zu Ländern wie Thailand dürfen hier sowieso nicht alle Insekten verspeist werden, weil viele unter Artenschutz stehen. Theoretisch gäbe es aber rund 2.000 Arten essbarer Schrecken, Würmer oder Käfer.
Ernährungsforscher sehen in Insekten die Proteinlieferanten der Zukunft. Gegenüber der Fleischproduktion punkten die kleinen Tierchen nicht zuletzt mit einem viel geringeren Ressourcenverbrauch: Insekten brauchen 12 Mal weniger Input als Rinder, um die gleiche Menge an Protein zu produzieren. Allein der Wasserverbrauch ist beim Huftier enorm: Bis zu 15.000 Liter werden verbraucht, um 1 Kilogramm Rindfleisch zu produzieren.
Das finde ich toll. Trotzdem kann ich mich nicht überwinden, so ein Insekt zu probieren. Weil ich mit diesem Degout nicht die einzige bin, haben in Kanada zwei Brüder ein besonderes Produkt entwickelt: Insektenmehl, hergestellt aus gerösteten, fein gemahlenen Grillen, ergeben ein Pulver, das man zu ganz Vielem mischen kann, ohne noch was vom Krabbelviech zu sehen. Die Grillen werden geröstet, kurz bevor sie auch von selbst an Altersschwäche sterben würden. Unsere Rinder lassen ihr Leben ja lange bevor sie auch nur ansatzweise in die Jahre kommen.
Auch das begeistert mich. Trotzdem: Lieber esse ich kaum noch Fleisch (was mir nicht mal schwer fällt), als in einen auch noch so knusprig gerösteten Chitinpanzer zu beißen ...
Kommentare (1)
Mr. Kent
Wenn da mal nicht der Wurm drin ist ;-)